10 - Blick in den Fischerkietz


Bild 10 - Blick in den Fischerkietz


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Der kurze Straßenzug des Fischerkietz zum Straussee beginnt hinter dem Stadthaus am Treffpunkt der Georg-Kurtze-Straße und der Klosterstraße. Er führt von hier aus etwa zwölf Meter hinab zum Straussee. Der frühere brandenburgische Denkmalpfleger Ernst Wipprecht verglich den städtebaulich außerordentlich reizvollen Winkel gern mit Dresden-Loschwitz.

Im Mittelalter befand sich am unteren Ende des Fischerkietz die sogenannte Kietzer Pforte. Es war neben dem Landsberger, dem Müncheberger und dem Wriezener Stadttor die vierte Öffnung des Stadtmauerrings. Die Feldsteineinfassung der Gasse gehörte so auch zur mittelalterlichen Stadtmauer. Bis 1621 existierte hier auch ein kleiner Turm. Wie die übrige Stadt litt auch die kleine Siedlung sehr unter den Wirren des Dreißigjährigen Krieges.

Entstanden war die Siedlung außerhalb der Stadt bereits Anfang des 13. Jahrhunderts für die vielfach slawischen Dienstleute der wettinischen Burg. Zu ihren Aufgaben gehörte es u.a., die Burgbesatzung in der Fastenzeit mit Fisch zu versorgen. Die Bezeichnung Kietz geht sowohl im Slawischen wie im Deutschen aus

der Bezeichnung für eine Hütte hervor. In späteren Jahrhunderten wurde die Fischerei zum Haupterwerbszweig der bis zu zehn hier wohnenden Familien. Verbürgt sind mancherlei Streitigkeiten zwischen den Bewohnern des Fischerkietzes und den Bürgern der Stadt Strausberg. Streitpunkt war beispielsweise der rege Tauschhandel Fisch gegen Bier zwischen dem Kloster und dem Kietz.

Die kleinen ehrwürdigen Häuser Fischerkietz 2 bis 4 bestechen heute durch ihre Lage, sind jedoch eingeschossig und recht bescheiden ausgeführt. Sie wurden im Zuge der Städtebauförderung mit Fördermitteln oder Nutzung von Steuervorteilen im Sanierungsgebiet instandgesetzt.

Im auslaufenden 19. Jahrhundert entstand am nördlichen Ende des Fischerkietzes eine Weißgerberei. Sie setze der Wasserqualität des Straussees deutlich zu. 1896 öffnete die Firma Willing und Violett hier ein Elektrizitätswerk und versorgte 800 Glühlampen in der Altstadt mit Strom. Zehn Jahre später reichte die Leistung nicht mehr aus und die Fabrik zog zum Igelpfuhl. Das Fabrikgebäude nutzte fortan ein Färbermeister. Die Villa Fischerkietz 6 entstand 1906. Ältere kennen sie noch als Sitz der städtischen Bibliothek (1977 bis 1997). Seit der Sanierung 2003 befindet sich dort eine gastronomische Einrichtung und ein Tagungszentrum mit einem herrlichen Blick auf den See.

Unmittelbar nach der Wende wurde der sich im unteren Teil T-förmig verzweigende Straßenzug mit Betonsteinen erneuert. Um 2000 entstanden am Südende neben einer neuen Stadtvilla eine kleine Plattform zum Straussee. Auf dem Grundstück Fischerkietz 5 wurde in dieser Zeit ein attraktiver Spielplatz angelegt. Langfristig plant die Stadt, den Uferwanderweg, der den ganzen übrigen Straussee umrundet, vom Fischerkietz aus nach Süden und Norden als Lückenschluss zu vollenden. Auch der Straßenbelag des Fischerkietz harrt der ansprechenden Erneuerung.